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23.10.2011

Nervenkitzel und Abenteuer in den Chapas auf der Reise zur Ilha de Mocambique

Wir sind soeben nach einer abenteuerlichen Reise zur Ilha de Mocambique wieder gut zuhause angekommen.

Einst ein großer Handelsumschlagplatz, portugiesischer Besatzungsort und Ort düsterer Sklavengeschichte, ist Ilha de Mocambique heute Weltkulturerbe und eine kleine, fast schon im Vergleich zu Nampula "ausgestorbene" Fischer- Community mit malerischen Stränden, die die ehemalige Stone Town (Bezeichnung für den Stadtteil mit den alten portugiesischen Kolonialbauten) umgeben.

Ich muss gestehen, dass der Aufenthalt dort eine wirklich willkommene Abwechslung zum vergeichsweise lauten und turbulenten Nampula war.
Einfach nur das Meer und die Fischerbooten, die Dhows genannt werden, beobachten....dieser Szenerie ist unglaublich entspannend und schön, lässt quasi Raum und Zeit vergehen.

Apropos: Raum und Zeit ist in Mocambique ein ziemlich relativer Begriff. Da Daniel laut seiner Firma einen Spezialführerschein für etwaige Polizeikontrollen benötigt, sind wir momentan nicht im Besitz eines Fahrzeuges. Eigentlich ziemlich witzig, wenn man bedenkt, dass hier sonst alle immer ziemlich darauf bedacht sind, dass wir auch "seguro" ,also in sicheren Verhältnissen, leben sollten.

Wir haben also beschlossen, dieses Wochende mit "öffentlichen Verkehrmitteln" zur Insel zu kommen. In der Reiseliteratur wurde ein Reiseweg von 3 Stunden angegeben....hin haben wir 4, zurück 6 Stunden benötigt. Für mich war es aber der aufregendste Part unseres Wochenendtrips.
 Es gibt immer eine ungefähre Zeit, wenn so ein Gefährt (d.h. Bus in verschiedenen Größen) bereit steht...er fährt immer erst weg, wenn alles zum Bersten voll ist, d.h. mit Mensch und Ware. Das kann dann schon einmal 1 1/2 Stunden dauern, wie bei unserer Hinfahrt. Daniel und ich haben uns einen winzigen Mittelsitz teilen müssen (das heisst man hat die harten Sitzkanten während der ganzen Fahrt im Kreuz und/oder am Steißbein gehabt). Immer wenn wir dachten, jetzt geht aber wirklich keiner mehr rein, ging laut "Reiseorganisator" doch noch ein Passagier rein. Leute wurden auf Kühlboxen platziert, in die Mitte des Minibusses stehend wie Sardinen in der Dose zusammengequetscht. Zuerst haben wir ja insgeheim gemeckert, dass wir uns einen Platz teilen müssen (was für eine 3-4h Fahrt keinen besonderen Komfort darstellt), dann waren wir jedoch letzendlich ganz froh, keinen Kühlbox,- oder Stehplatz, sondern unseren geteilten LuxusMittelsitz erwischt zu haben. Dann ist die Fahrt endlich vollbepackt und extremst überbeladen losgegangen .....in Begleitung des Songs "So quero Cash"...Ich will nur Cash...
Nach gefühlten 15 m sind wir von der Polizei aufgehalten worden wegen Überladung (na-no-na). Zuerst hats eine kurze Debatte des Motoristas mit der Poilzistin gegeben, von wegen "Wo warst du denn in der Fahrschule, Fahrer?"usw.... Dann wurde die Polzistin ein wenig geschmiert, ein paar Passagiere sind vorübergehend zur Wahrung der Unschuld ausgestiegen...und natürlich bei der Weiterfahrt wieder schnell ins Gefährt gesprungen...So quero Cash, Situationskomik schlechthin. Singender Opa rechterhand, wegen Platzmangels stöhnender Daniel linkerhand sind wir dann, nachdem wir etliche andere Leute und Waren in diversesten Winzigstorten aufgegabelt haben, zur Mittagszeit auf der Insel angekommen. Dort sind wir dann bis zum Abend herumspaziert. Die Insel ist nur 3km lang und 500 m breit, also an einem Abend und Vormittag zu einem großen Teil abzugehen. Fotos werden, falls es das Internet erlaubt, hochgeladen.

Obwohl die Insel zu den touristischen Hauptzielen Mosambiks zählt, gab es immer wieder Kinder die uns nachgelaufen sind, und Olá! oder Macunha! (die Weißen werden hier so genannt) riefen. Es gab auch ein paar Kinder, die mich am Unterarm berührt oder an der Hand gezupft haben.... Mir hat ein Mosambikaner erzählt, dass manche Mosambikaner, die nicht so oft in Kontakt mit Weißen sind, das machen, um zu sehen, ob die Farbe abgeht, bzw.wie sich weiße Haut anfühlt. Eine für mich sehr lustige Betrachtungsweise... So wie man bei uns Vorurteile (vor allem in der älteren Generation) gegenüber zu uns im Vergleich dunkelhäutigeren Menschen hegt, hat man die hier gegenüber Weißen: z.B. wird Kindern manchmal erzählt, dass weiße Menschen Kinder entführen und aufessen.
Es heisst auch mancherorts, dass weiße Menschen unsterblich sind (meine Theorie dazu ist, dass dieser Irrglaube daherrührt, dass oft ältere Touristen auf Safari nach Südafrika oder Mosambik fahren....in Mosambik wird man meistens nicht so alt, vielleicht deswegen die Annahme der Unsterblichkeit).

Apropos weiße Farbe: Hier malen sich die Frauen das Gesicht manchmal mit einer weißen Maske, die aus einem bestimmten Baumast, der an einem Stein gerieben wird, fabriziert wird,an. Es sieht zunächst wie wilde Kriegsbemalung aus, wird von den Frauen aber als Sonnenschutzmittel oder in der gelben Variante als Heilpaste in der traditionellen Medizin verwendet. Apropos traditionelle Medizin/Hexenmedizin im südlichen Afrika: liebe Bekannte/Verwandte: nicht die Internetberichte über den Trade von Body parts zwischen Mosambik und Südafrika lesen!

Es war ein sehr kurzer, aber netter Aufenthalt auf der Insel.
Am nächsten Vormittag haben wir dann unsere Rückreise angetreten.
Wir dachten: jetzt sind wir ja schon Insider, uns kann nichts mehr überraschen...nun ja.
Wir sind mit einem noch kleinerem Gefährt (sieht aus wie ein Hochbett auf Rädern) über einen Zwischenstopp nach Nampula zurückgefahren. Diesmal sind wir 2x zwischen 2 Orten hin und hergefahren, um genügend Fahrgäste aufzugabeln. Dann wurde noch ein Kühlschrank waghalsig auf dem rostigen Dach (unter dem wir sitzen mussten) befestigt, Fische, Krebse, Säcke mit Schuhen und undefinierbarem anderen Krimskrams und 12 Holzbrettern, die auf die  Sitzplätze gestapelt wurden, und die Passagiere auf schwindlige Höhen brachte. Ein Reifen, der schon viel bessere Seiten gesehen hatte, musste kurzfristig ausgewechselt werden.
Obwohl ich seit geraumer Zeit ohne Bekenntnnis bin, habe ich bei diesem Teil der Rückfahrt ein Stoßgebet ausgeprochen.

Nach 3-4 Stunden sind wir dann beim Zwischenstopp angekommen, und sind in den geschlossenen Minibus umgestiegen. Man hat uns Gott sei Dank vorne beim Fahrer sitzen lassen,.... ich wollte gar nicht wissen, wieviel Sardinen diesmal hinten sitzen. Dafür hat man mir ein kleines Mädchen zum Aufpassen auf den Schoß gesetzt. Das Mädchen hat aber gar nicht so viel Angst gehabt, dass ich es aufesse....wahrscheinlich war es froh, nicht als Sardine geendet zu sein. Hat ja eine gute Aussicht gehabt und Kekse (zum Mästen, haha!)bekommen.
Gott sei Dank hat mir Daniel erst bei der Ankunft in Nampula erzählt, dass er gemerkt hat, dass der Fahrer bei der Fahrt(!) fast eingeschlafen ist. Er hat dann mit ihm geplaudert, bis er sich beim nächsten Stopp ein Cola gekauft hat. Und das mit einem völligüberladenen Minibus und einem ungesichertem Kleinkind am Schoss...
Wir leben aber noch und sind, nachdem wir die Wohnungstür aufstemmen mussten (das untere Schloß war eingeklemmt), gut angekommen.

Am Freitag wurde mir ein posto de saude (eine Krankenstation eines Distrikts) von dem einzigen Arzt, der in der ganzem Umgebung dort arbeitet, gezeigt: nachdem wir dem Direktor meine Dokumente gezeigt hatten, wurde mir die Männerstation, die Maternidade (Geburten,- und Wochenbettstation), die Innere Medizin, das Labor und die Blutbank gezeigt. Bis Daniel mit der WV- Partie zurückgekommen ist, war ich ein bisschen bei den Consultos (quasi Ordination/Praxis, für die die Einheimischen nichts zahlen müssen) dabei. Es war alles von augeprägten Augenverletzungen über Tbc, Malaria, Schistosomiasis, HIV und Allgemeinerkrankungen (die es natürlich meistens bei uns auch, aber in nicht so ausgeprägten Maße, da ja alles behandelt wird,gibt) dabei. Es ist ganz schön schwierig, fast ohne diagnostischen Mittel Diagnosen zu stellen. Hier bestimmt meistens nur die Klinik die Diagnose. Und die Alterspyramide ist natürlich eine ganz andere. Sehr viel junge Leute und kaum Alte.
Man will ja jetzt über Kontakte versuchen, mich in die Ärzteliste eintragen zu lassen,...wir haben die Hoffnung schon aufgegeben, dass das bis zu meiner Abreise funktionieren wird, aber ins Rollen gebracht haben wirs trotzdem. Planen lässt sich hier meistens eh nichts.

Genug für heute, morgen fliegen wir nach Maputo und werden nach Swasiland zur Verlängerung unserer Visa gefahren,...ich bin schon gespannt, welche Abenteuer dort auf uns warten werden.

2 Kommentare:

  1. Hallo ihr beiden!
    schön dass es euch gut geht! es ist toll euren blog zu lesen, erstens weil es mich an meine eigenen Eindrücke erinnert und zweitens weil es einfach vieles relativiert mit dem wir uns hier in ö herumschlagen...
    wünsch euch weiterhin eine schöne Zeit!
    alles Liebe
    Nina

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  2. Du hast recht, hier relativiert sich einiges..ganz liebe Grüße!

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